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Katz und Aus - Post klemmt Mailboxen ab

Bremen (CRD): Am Donnerstag, den 16. Juli legte die Bremer Post in einer konzertierten Aktion fünf Bremer Mailboxsysteme lahm. Unter Berufung auf Gefahr im Verzug startete die Post, unterstützt durch Kriminalbeamte der Bremer Polizei bei den betreffenden Mailboxbetreibern gleichzeitig um 21 Uhr die Hausdurchsuchungen. Ermittelt wurde wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Fernmeldeanlagengesetz. Wie die Pressestelle der Oberpostdirektion (OPD) Bremen mitteilt, wurden bei den Hausdurchsuchungen "mechanische Zusatzeinrichtungen" (auch bekannt als KATZE) sichergestellt.

Wie der CCC ermittelte, wurden auch nichtgeprüfte MODEMS und angeschlossene Telefone sichergestellt. Weiterhin stellte die Post Geräte sicher, die mit wenigen Handgriffen (Modem-Kabel neben der Postdose liegend) anschließbar gewesen wären. Über sichergestellte Computer und deren (bei Mailboxsystemen vertrauliche) Datenbestände ist nichts bekannt.

Wie schon in anderen Städten setzt die Post verstärkt die Aufdeckung "illegal" installierter Modems und Katzen, besonders an Mailboxsystemen fort. Auch aus Köln wurden in der Vergangenheit derartige Aktionen gemeldet. Das gezielte Vorgehen gegen nahezu alle Betreiber im Bereich einer Oberpostdirektion ist jedoch neu.

Wie nähere Recherchen jetzt ergaben, geht die Aktion der Post ursprünglich auf eine Gebührenheschwerde eines Fernsprechteilnehmers zurück. Dieser wunderte sich über seine sehr hohe Telefonrechnung und beantragte eine Zählervergleichseinrichtung. Beim Vergleich der protokollierten Rufnummern wurden die unzulässigen Ankopplungen festgestellt, die übrigens mehrfach am Tag angewählt wurden. Nun gab es etwas trouble in der Familie, denn als Verursacher kam nur noch der computerbegeisterte Sohn in Frage (der im übrigen bis zum Versandtag der Fernmelderechnung selber eine Mailbox betrieben hatte).

Ähnlich "dumme" Geschichten von "Denunziantentum" konkurrierender Mailboxsysteme wurden auch schon aus Köln gemeldet. Dort haben MailboxBetreiber sich gegenseitig die Post ins Haus geschickt - frei nach dem Motto "Meine Box ist postgeprüft, also weg mit der Konkurrenz!". Bisher mußte das Fernmeldeanlagengesetz schon mehrfach für hintergründige Zensur herhalten. Firmen, die z.B. Raubkopierer jagen, ließen auf diesem Wege unliebsame Veröffentlichungen aus dem Netz entfernen. Die Post (leider oft zu blind, um zu verstehen, wie sie mißbraucht wird) macht dabei gerne mit.

Seit langem warten Mailhoxbetreiber und Computeranwender auf die Freigabe preiswerter privater Modems. Die Post, die nach einem EG-Urteil zur Zulassung privater Modems verpflichtet ist, sperrt sich immer noch unter Berufung auf noch nicht vorhandene und abestimmte Zulassungsbedingungen. Die von der Post angebotenen Modems dürfen vielfach nicht an den preiswerten Heimcomputern betrieben werden und sind von den hohen Gebühren her für viele Anwender nicht finanzierbar.

Bisher wurden vielfach "mechanische Zusatzeinrichtungen" zum Abheben der Telefone geduldet. Bei dieser Form der Ankopplung liegt der Telefonhörer permanent in einem (geprüften) Akustikkoppler, während eine Hilfsmechanik den Abhebevorgang steuert. Das Vorgehen gegen diese in der Fernmeldeordnung nicht berücksichtigten Ankopplungen nimmt vielen Mailboxbetreibern die letzte Möglichkeit, ihr Informationssystem innerhalb ihres Taschengeldbudgets zu betreiben. Der Chaos Cornputer Club verurteilt das Vorgehen der Deutschen Bundespost auf das Schärfste. Eine Duldung mechanischer Ankopplungen liegt durchaus im Rahmen der Gesetzgebung. Dieses zu Beurteilen obgliegt der Post, welche ohne weiteres in der Lage wäre, durch eine entsprechende Anweisung die Situation auch zugunsten der engagierten Cornputeranwender zu entschärfen.

Zu hoffen ist, daß nach einer Zulassung von privaten Daten-Modems Drahtseilakte mit technischen Hilfsmitteln nicht mehr nötig sind und Mailboxsysteme, wie weltweit üblich, ohne großen Kostenaufwand am Fernsprechnetz betrieben werden dürfen.

Mailboxbetreiber, die ihre Systeme nicht den Vorschriften entsprechend betreiben, sollten sich einstweilen nicht zu sicher fühlen. Bei einer Hausdurchsuchung bleibt oft kaum Zeit, die Geräte vom Netz zu trennen. Der Tatbestand, mit wenigen Handgriffen anschließbar zu sein, reicht für die Sicherstellung (und als Rechtfertigung für eine Durchsuchung) aus. Solange die Post als Handlanger im Interesse Dritter handelt und selber zu einfältig ist, dies zu durchschauen, genügt wie in Bremen ein Zufall, um sich handfesten Ärger einzuhandeln.

LS23

 

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