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Das Cursor Operation System COSY

Die Seele eines neuen Cursor

Quelle: Originaltext 29.07. 85 (c) P.GLASER Erstveröffentlichung COMBOX FEUilleton

Die Entstehungsgeschichte von COSY (Cursor Operation System) - Teil 1

Ich weiss nicht - Ich denke, mit der Zeit soll mir der auch lieber werden. (Goethe, Die Leiche des jungen Khoerser)

Angefangen hatte alles im Frühjahr 1985 mit dem stilvollen Hinscheiden einer Grossrechenanlage: CURSOR LOST waren ihre letzten Worte gewesen, bevor sie in den hexadezimalen Hades hinabgefahren war.

Diese schlichten Abschiedsworte inspirierten einen Kreis junger Menschen: Sie hatten sich zu einem "Autonomen Sink Tank" (AST) zusammengeschlossen. Man war lange schon mit der phantasielosen Funktion und dem Erscheinungsbild des landläufigen Cursor Vulgaris unzufrieden gewesen: Ein langweiliger Lichtfleck, der, wenn er nicht grade blöde blinkte, nichts weiter als trostlos anzusehen war. Nun gab es einen Innovationsschub: Das Projekt VIC, der "Virulent Intensiv Cursor", wurde geboren.

Noch in der selben Woche begann der AST mit der Konzeption eines umfangrechen und mulfifunktionalen "Cursor Operation Systems" (COSY). Optimal anwenderfreundlich, war es als "Gänzlich Userlos Arbeitende Schalteinheit" (GULASCH) angelegt. Online sollte es sich als "Wundersam Aktives Untergrundprogramm" (WAU) rege verbreiten. Pionierstimmung kam auf im AST-Labor.

Für die Konstruktion mußte geeignetes Software-Werkzeug her: "Cursor Art Design" (CAD), "Cursor Action Modificator" (CAM) und "Funny Unusual Cursor Kit" (FUCK) wurden in nächte- und wochenlanger Arbeit entwickelt. Dazu bediente der AST sich eines eigens für diesen Zweck spezifizierten Codes, des "Cursor Oriented Language Assembler" (COLA) miteingedickter Fliesskomma-Konsistenz und einer an Andy Warhol orientierten Grafik-Befehlsleiste.

Ende März, in der zunehmenden Frühsommerwärme, wurde der erste Satz CURSOR ERRORS erstellt und plaziert. Fortran konnten, über das CURSOR LOST hinaus, angezeigt werden.

CURSOR RESTS ERROR

(bei gewerkschaftlich organisiertem Cursor), zuzüglich eines ausführlichen Hinweises auf die kollektivvertraglich vereinbarten Ruhezeiten.

CURSOR HAPPY ERROR

verbunden mit einem unkontrollierbar und kautschukhaft über den Bildschirm hüpfenden Cursor. Meist Vorzeichen für das baldige Erscheinen eines weiblichen Cursor (HERSOR)

CURSOR HYSTERIC ERROR

verbunden mit einem unregelmässig und hochfrequent pulsenden Cursor und Quietschgeräuschen. Meist Vorzeichen für das baldige Verschwinden eines weiblichen Cursor

CURSOR OUT OF GAS

(nur bei benzin- und dieselgetriebenem Cursor). Sollte kein Tank-File vorhanden sein, kann man das Zeichen "" vor den Cursor setzen und ihn damit anschieben.

CURSOR OUT OF SENSE

Ein heikles Problem: Der Cursor ist in eine Sinnkrise verfallen und hockt dumpf brütend in Spalte 0 einer beliebigen Zeile am Bildschirmrand.

CURSOR COLLAPS (N)

wobei (N) eine Countdown-Variable ist, die den geschätzten Zeitpunkt bis zur Disfunktion des Cursors in sec. anzeigt. Inzwischen hatte auch die Erweiterung der Grafikroutinen grosse Fortschritte gemacht. Je nach Art des Anwenderprogramms und des User-Input-Verhaltens vermochte der Cursor nun selbstständig in Modifikationen zu verzweigen (von denen einige zur Dominanz über das gesamte aktuelle Programm führen). Endlich konnte der Cursor zeigen, was in ihm steckt. Die AST-Grafikspezialisten hatten 6 zentrale Routinen erarbeitet, die am 7. Juni zusammen mit den neuen Fehlermeldungen als Version COSY 0.1 den ersten erfolgreichen Probelauf absolvierte. Zur Feier des Tages genehmigte man sich eine Flasche Frustschutzmittel und rauchte dafür etwas weniger.

DOKUMENTATION

COSY Cursor Grafik Routinen

CURD (Cursor Demoliert)

COSY besitzt ein internes Zählregister, welches festhält, wann ein User den Cursor allzu ruppig gegen den Bildschirmrand knallt. Sind mehr als sieben Verstösse registriert, wird ein zunehmend zerbeulter Cursor abgebildet, verbunden mit einem Hinweis auf seinen abnehmenden Wiederverkaufswert. Vor dem 14.Verstoss wird eine Liste von Gebrauchtcursor-Shops ausgegeben und vor einem bevorstehenden CURSOR COLLAPS gewarnt.

CUFF (Cursor Diffundiert)

Wird der Cursor zu sehr abgehetzt (Schnellsuchläufe, DFÜ über 1200 Baud u.ä), löst er sich in ein unscharfes Feld auf und verdunstet schliesslich. CUFF gehört zu den Funktionen, die gegebenenfalls auch aus dem COSY-eigenen Zufallsgenerator (COZ) aufgerufen werden. Zur Rückgewinnung des diffundierten Cursors muss das ebenfalls vom AST entwickelte Steckmodul CURARE (Cursor Artificial Recreator) verwendet werden. Man erhält damit einen einwandfreien, nagelneuen Cursor, muss allerdings in Kauf nehmen, dass dafür das jeweilige Anwenderprogramm diffundiert.

EXCURS (Expandierender Cursor)

Eine Funktion, die dem Timeout bei der Datenfernübertragung ähnelt. Erfolgt innerhalb von 60 Sekunden im aktuellen Programm keine halbwegs vernünftige Eingabe, beginnt der Cursor sich im Pulstakt aufzublähen. Ist der Computer, ergänzend zu COSY, mit einem FLAUSCHWERK ausgestattet, hilft der Befehl REBLAEH. Hat der Cursor das ganze Bildschirmformat ausgefüllt, kann nur noch CURARE benutzt werden.

WRISC (Wrigley's Spearmint Cursor)

Eine Spezialroutine für die Textverarbeitung: Wenn der erste Buchstabe eines eingegebenen Textes sich in dem Text zum 33 Mal wiederholt, bleibt der Cursor daran kleben. Er lässt sich weiterhin frei bewegen, zieht aber, ausgehend von der Position des Buchstaben, inverse Streifen hinter sich her. Lässt man die Cursortasten los, schnellt das Cursorband wieder auf die Buchstabenmarke zurück.

PACUR (Pacman Cursor)

Eine Spezialroutine für das freie Programmieren. Sind dem Programmierer gerade einige besonders geschickte Algorithmen eingefallen, kann COSY via COZ vor Fall zu Fall PACUR aktivieren. Eingeleitet wird die Funktion durch die Meldung SYNTAX TERROR Anschliessend werden mit einer Geschwindigkeit von einer Zeile pro Sekunde die letzten 200 Programmzeilen wieder weggefressen. Ist die Hardware mit einem Tongenerator ausgestatlet erkennt man den Abschluss einer PACUR-Aktion an einem leisen Rülpsen.

SCHWANC (Schwanensee Cursor)

Im Anschluss an CURSOR COLLAPS (0) wird SCHWANC aufgerufen, die dramatische Darstellung eines sterbenden Cursor. Die Abflachen der Blinkfrequenz bis zum agonischen Stillstand des Cursor gefolgt von einem letzten Aufbäumen in Karoposition und einer Pirouette. Anschliessend klappt der Cursor nach unten und baumelt an der imaginaren Zeilenlinie, verliert schliesslich mit der einen, dann auch mit der anderen Ecke den Halt und trudelt entseelt und wie ein herbstlich leichtes Birkenblatt nach dem unteren Bildschirmrand

cosypgg13.ws 850930 1700

 

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