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Grundlagen für den Einsatz neuer Technologien in den Geisteswissenschaften

Prof. Dr. Ekkehard Martens und Peter Matussek, Universität Hamburg, Arbeitsgruppe "Neue 'I'echnologien, Philosophie und Bildung "

Kurzdarstellung des Projekts einer "Hermeneutischen Interessen angepaßten Technologie"

(HIAT)

Das Projekt HIAT stellt sich die Aufgabe, ein bisher ungenutztes Wirkungspotential neuer Technologien für die geisteswissenschaftliche Forschung zu erschließen.

Deren immer noch äußerst geringe Akzeptanz gegen den Einsatz computergestützter Hilfsmittel ist auf ein Akzeptabilitätsproblem zurückzuführen: Die verfügbaren Technologien werden den geisteswissenschaftlichen Forschungsinteressen grundsätzlich nicht gerecht. Sie sind auf die empirisch-erklärenden Verfahren der Naturwissenschaften zugeschnitten. Der hermeneutisch-verstehende Ansatz der Geisteswissenschaften aber setzt einer Formalisierung sowohl ihrer Inhalte als auch ihrer Arbeitsmethoden prinzipielle Grenzen.

Der geisteswissenschaftliche Arbeitsplatz von morgen

Die Anerkennung dieses paradigmatischen Gegensatzes muß und darf jedoch nicht in resignative Technikabstinenz münden. Vielmehr enthält er eine produktive Spannung, aus der technologische Lösungen für die geisteswissenschaftliche Forschung zu gewinnen sind.

Unter dieser Prämisse konzipiert das hier vorgestellte Projekt die Gestaltung des geisteswissenschaftlichen Arbeitsplatzes von morgen. Durch eine praxisorientierte Grundlagenforschung im interdisziplinären Dialog zwischen Geisteswissenschaftlern und Informatikern will es die zukunftsorientierten Anforderungen an neue Technologien im Sinne geisteswissenschaftlicher Problemstellungen formulieren und experimentell realisieren.

Als Pilotstudie soll eine Software mit Expertensystemfähigkeiten entwickelt werden, die drei Grundtypen hermeneutischen Arbeitens gerecht wird und sie forschungsintensivierend vereinigt: interpretative Phänomenkonstitution, sinnorientierte Recherche und praktische Darstellung. Diesen Vorgaben entspricht das zu konstruierende »Personal Indexing and Retrieval plus Editor« (P.l.R.E.),

P.I.R.E.

Es bietet dem Geisteswissenschaftler einen individuell angepaßten Zugriff auf eine Volltextdatenbank, der über drei kooperierende Anwenderprogramme für hermeneutisches Arbeiten zu nutzen ist: Der "lndexer" hilft bei der Ideenfindung und Problemformulierung durch eine interaktive Dialogführung und strukturiert entsprechend den Wissensbestand der Datenbank vor. Das RetrievalSystem, der"Knowledge-Navigator", gestattet eine somit auf die jeweiligen Forschungsinteressen zugeschnittene Datenselektion. Der "Editor" ist ein Textverarbeitungsprogramm, das die Gestaltung und Konzeption auch nicht hierarchisch gegliederter Texte unterstützt, wobei es sich den jeweiligen Indizierungs- und Selektionspräferenzen »intelligent« anpaßt. Die drei Teilkomponenten arbeiten parallel im Multitasking-Verfahren, so daß z.B. der Schreibvorgang durch die Indizierungsdialoge unterstützt werden kann und der "Knowledge Navigator" jeweils adäquates Informationsmaterial bereitstellt.

Das Knowledgeengineering für das P.I.R.E. Bedarf als Voraussetzung einer kriteriologischen Klärung hermeneutischer Arbeitstechniken. Sie soll durch wissenschafts- und medientheoretische Untersuchungen zur geisteswissenschaftlichen Methodologie erbracht werden. Ansätze für deren informationstechnische Umsetzung bieten neuere Trends der KI-Forschung, die das Design von Zugangssystemen nach dem (hermeneutischen) Modell offener Dialogstrukturen konzipieren.

Der Prototyp des P.I.R.E. ist schließlich in einer größeren Feldstudie zu forschungsrelevanten Problemstellungen daraufhin zu überprüfen, ob er den Kriterien von HIATgenügt und ggf. entsprechend zu modifizieren.

Ziel des Gesamtprojekts ist die Erarbeitung von Rahmenrichtlinien für die sinnvolle Verwendung neuer Technologien in den Geisteswissenschaften.

 

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