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Raubkopieren

Vorweg: die ganze Diskussion um die Raubkopiererei ist im Grunde ohnehin sinnlos, denn kopiert wird ohnehin - egal, wie gut die Argumente der Kopiergegner auch sein mögen.

Dennoch - damit empfindsame Gemüter keine Gewissensbisse kriegen - hier einige wie ich finde schlagende Argumente für die sog. "Raub"-kopiererei:

In der Praxis sieht es in der Regel so aus, daß Mikrocomputersoftware von kommerziellen Anwendem häufig gekauft wird, private Anwender dagegen lieber auf preisgünstigere Raubkopien zurückgreifen. Daraus zu folgern, kommerzielle Anwender seien in irgendeiner Form den privaten Kopierern moralisch überlegen, ist Unsinn. Kommerzielle Anwender kaufen eher, weil

a) bei ihnen die Gefahr der Entdeckung grösser ist als bei privaten (Kundenverkehr, ärgerliche Mitarbeiter u.ä.)

b) weil kommerziellen Anwendern oft die erforderlichen Verbindungen zur Kopiererszene fehlen und das Aufbauen dieser Verbindungen oft teurer und riskanter ist, als die Software zu kaufen

c) kommerzielle Anwender mehr als private auf den Support der Software angewiesen sind und

d) weil, wenigstens in einigen Bereichen, die Produktivitätssteigerung durch Software so immens ist, daß die Anschaffungskosten verglichen damit lächerlich gering erscheinen

e) weil in einigen Bereichen EDV-Investitionen sogar noch stärker als andere Investitionen steuermindernd wirken.

Wie man sieht, fünf gute Gründe für den kommerziellen Anwender, Software zu kaufen. Alle diese Gründe fallen für die privaten Anwender, also für Dich und mich, weg. Und - Du und ich kaufen ja auch so gut wie nie Software, oder? Im Grunde ist doch der Softwaremarkt eine sehr soziale Veranstaltung: Finanzkräftige Käufer kaufen die Software, finanzieren somit die Entwicklungskosten, finanzschwache private Anwender ziehen sich eben Kopien. Eigenlich sollten alle zufrieden sein.

Die Gegner der "Raubkopiererei" (hauptsächlich Softwarefirmen, komisch, nicht war?) haben sich dennoch einige Argumente gegen diese Form des Vertriebes ausgedacht. Sie sind es wert, einmal unter die Lupe genommen zu werden.

Eines der wichtigsten lautet: Kopieren fügt den Firmen erheblichen finanziellen Schaden zu, jede unauthorisierte Kopie ist ein Verdienstausfall für die Herstellerfirma.

Diese Argument ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Allerdings gilt es nur in stark abgeschwächter Form. Bsp.: ein entfernter Bekannter von mir hat sich kürzlich für seinen privaten Bedarf ein Statistikprogramm beschafft - natürlich kostenlos. Dieses Programm hätte ihn, legal gekauft, läppische 18.000 DM gekostet. Es ist natürlich Unsinn anzunehmen, er hätte es für diesen Preis gekauft.

Außerdem: was interessiert mich als Anwender die Ertragslage einer Softwarefirma? Eine Softwarefirma ist kein Wohlfahrtsverein. Sie will Geld verdienen. Ich will kein Geld ausgeben. So what?

Ein weiteres Argument der Gegner. Kopieren macht die Software teuerer. Nochmal: was interessiert mich, wie teuer Software ist? Ich kaufe sowieso keine. Von niedrigeren Preisen profitieren also ohnehin nur kommerzielle Anwender - und für die sind die Kosten für Software im Vergleich mit dem Produktivitätszuwachs wie gesagt meist vernachlässigbar.

Ein besonders herzzerreißendes Argument - fast ein Wunder aus dem Mund der sonst gar nicht so sozialen Softwareindustrie - lautet: Die Einbußen, die durch Kopiererei entstehen, gehen zu Lasten der armen, angestellten Programmierer, die um die Früchte ihrer harten Arbeit gebracht werden. Unsinn. Erstens: Ein Unternehmen, das angestellte Programmierer in Abhängigkeit von verkauften Stückzahlen bezahlt, wälzt das unternehmerische Risiko (daß das Unternehmen als Rechtfertigung für seine Gewinne benutzt) auf abhängig Beschäftigte ab. Das ist ungerechtfertigt. Ein Programmierer kann sich nicht leisten, von Lust und Laune des Marktes abhängig zu sein, wenn es um sein Einkommen geht. Schließlich ist er abhängig beschäftigt, nicht etwa Unternehmer. Das viele Unternehmen es dennoch schaffen, Programmierer zu derartigen Konditionen zu beschäftigen, liegt teilweise auch am Desinteresse derselben an ihren eigenen Rechten. Ich kenne jedenfalls genügend Programmierer, die sich alles gefallen lassen, wenn es nur ein paar Mark gibt und sie ordentlich daddeln dürfen.

Und selbst wenn ein Programmierer in Abhängigkeit von Stückzahlen bezahlt wird, schadet ihm Kopiererei nur unter der unbewiesenen Annahmen, daß diese die Erträge schmälert. Und noch etwas: Trotz allem Geschrei geht es den meisten Softwarefirmen gelinde gesagt sehr gut. Kaum eine andere Branche hat ähnliche Zuwachsraten zu verzeichnen. Unterm Strich profitiert die Mikrocomputerindustrie sogar von der Kopiererei. Dazu ein paar Beispiele:

Der immense Erfolg des C-64 wäre ohne eine gut funktionierende Infrastruktur, die auch den letzten Anwender mit kostenloser Software versorgt, nicht denkbar gewesen. Es ist bekannt, daß bei der Entwicklungs des C-64 eine Maxime war, auf dieser Maschine einen effektiven Kopierschutz schon von der Architektur der Hardware unmöglich zu machen. Commodore will schießlich Hardware verkaufen, und nichts wirbt besser für einen Computer als kostenlose, leicht erhältliche Sofware.

Nächstes Beispiel: die Diskettenhersteller. Wie sähen deren Umsätze ohne das segensreiche Tun der Kopierszene aus? Oder: Verlage. Wer kennt nicht die berühmte Buchreihe "Das Buch zu ihrer Raubkopie", die mittlerweile fast jeder im Mikrocomputerbereich tätige Verlag im Programm hat. Es ist kein Geheimnis, daß z.B. Data Becker, einer der militantesten Gegner der Raubkopiererei, von einigen Buchtiteln mehr verkauft hat, als von dem dazugehörigen Programm.

Weiter: Kopien machen ein Programm bekannt. Die Wirtschaft verlangt nach Kräften mit EDV-Erfahrung. Wenn sie junge Leute mit Computer-Erfahrung einstellen: womit haben die ihre Erfahrungen gesammelt? Mit gekaufter Software? Wohl nur selten. "Raub"-kopien können sogar die Umsätze von Softwarefirmen steigern. Angenommen, ich habe zu Hause ca. 7 verschiedene Textprogramme rumfliegen - alle natürlich selbstkopiert - und arbeite nun vorzugsweise mit, sagen wir, MS-WORD. Ich werde nun von einer Firma eingestellt und entscheide mit über die Anschaffung eines Satzes von Textprogrammen. Für welches werde ich mich ausssprechen? Erraten!

Natürlich gibt es bei der Kopierei juristische Probleme. Nur: wen interessieren die? Wer sich nicht erwischen lässt, hat nichts zu befürchten. Die Fälle, in denen private Kopierer, die nicht mit geklauter Software gehandelt haben (was ich übrigens ablehne) kann mensch an den Fingern einer Hand abzählen,

Also alles in Ordnung? Fast. Der Kopierer hat leider immer noch oft das Problem, an Dokumentation heranzukommen. Oft rennt er zum Kopierladen oder kauft Bücher aus der oben erwähnten Buchreihe. Warum findet sich nicht mal jemand, der zu bekannter Standardsoftware Dokumentation auf Disketten vertreibt, die einfach mit der Software zusammen kopiert werden kann? Technisch ist das doch überhaupt kein Problem. Hier muß noch einiges passieren. Mich interessiert auch, wie andere über dieses Thema denken: Beiträge erwünscht.

Caesar/Stoepsel

 

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