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Messebericht CeBIT

Allgemein gab es auf der CeBIT in Hannover, dem Mekka der Computerfreaks, dieses Jahr keine umwerfende Erfindung oder Neuerung zu sehen. Ideen wurden verwirklicht, Produkte verbessert, Kontakte geknüpft oder vertieft. Die diesjährige CeBIT stand im Lichte des Fleißes.

Auf dem Hardwaresektor wurde der gerade geborenen Intel 80386er- Maschinengeneration ein reges Interesse entgegengebracht. Der wohl bemerkenswerteste Vertreter dieser Rechnerari dürfte der neue Apricot XEN-386 sein, der besonders durch seinen Preis von knapp 10 KDM incl. 30 MB Harddisk und einem MB Hauptspeicher hervorsticht, dabei jedoch verglichen mit den Konkurrenten keine Leistungsdefizite aufweist. Tandon verzichtete auf einen 386er, griff dafür die Idee der tragbaren Festplatte auf und entwickelte ein Harddisk-Stecksystem sowie ein Plastikgehäuse, mit dem man den 3,5 Zoll Festplatten-Weitwurf schadlos üben kann. Den mit 1-850 US-Dollar billigsten 386er wollte eine 1974 gegründete, taiwanesische Firma namens IMC an den Händler bringen.

Die Frage, was man denn mit der Rechnerleistung der 80386er Maschinen anfangen könne, wo doch das gute alte MS-DOS nur 8086er kennt, wurde nun auf verschiedene Weisen beantwortet, Eine Mögliche Antwort gab -The Software Link- (bekannt durch MultiLink) mit dem gerade fertiggestellten Betriebssystem PC-MOS/386. Dieses System teilt den Speicher je nach Bedarf der einzelnen Applikationen in bis zu 25 virtuelle MS-DOS PC's auf, von denen einigen oder allen ein Terminal bzw. die Rechnerkonsole zugeordnet werden kann. Jedes Terminal kann sich auf jeden Task aufschalten, sofern es die Zugriffsrechte besitzt. Die Command-Shell wurde um einige, besonders für Programmierer nützliche Kommandos erweitert. Bei einer Demonstration konnte ich mich davon überzeugen, daß zumindest die gängigsten MS-DOS-Programme auf den Terminals liefen. Für Cracker bietet das System keinerlei Angriffspunkte, da es ohne Kopierschutz geliefert wird.

Microsoft wollte zum Thema Protected Mode DOS noch keine verwertbaren Informationen herauslassen.

Bei den Motorolas blieb es etwas ruhiger in den Entwicklungsabteilungen. Apple bohrte den Mac mit einem 68020 auf, Atari versucht es nun mit 4 MB Hauptspeicher und einer endlich abgesetzten Tastatur, oh welch Pein ist mir von den Händen genommen. Außerdem will Jack den Peripheriemarkt mit einem billigen Laserdrucker, den Videospiel-Markt mit einem gestärkten Image, den PC-Markt mit einem Ibm-Kompatiblen, und den US-Markt mit 75 Mega-Dollars erobern ("Wir befinden uns ab sofort im Krieg."). Commodore hat seinen Ideen nur im Sinne mannigfaltiger Gehäuse- und Ausstattungsvarianten freien Lauf gelassen.

Digital Equipment hat unsere unmißverständlichen Verlautbarungen endlich erhört und will eine MicroVAX mit zugeklebtem Q-Bus und einer (zugegebenermaßen lächerlichen) 40 MB, Platte sowie 4 MB Hauptspeicher für etwa 20 KDM auf den Hackerumworbenen Markt bringen, die MicroVAX 2000. Wer von euch auch eine Haben möchte, tue dies rechtzeitig kund, damit wir vielleicht im Dutzend billiger kaufen können... Es lohnt sich auf jeden Fall, schonmal die bisherige Software von unseren Satelliten wieder einzusammeln und zu archivieren.

Für die Kommunikatoren werden sich als schwacher Trost für die Datex- Gebührenerhöhung bald preiswerte 2400 baud Vollduplex-Modems etablieren, ein erstes wechselte bereits auf der Messe für DM 300.- zugunsten eines Hackers den Besitzer. Auch die Post plant die Einführung von V.22/V.22 bis Modems zum bisherigen Preise des D 1200S-12. Eine Nutzungsmöglichkeit derselben soll es zunächst für Blödeltext, später auch für Patex-D geben.

Erstmals öffnete sich ein Anbieter von High-End Graphik- und Animationsmaschinen dem sterblichen Besucher. Bei Symbolics erklärte man bereitwillig jedem, was dieses Lisp-System zu bieten hat: Color Video Digitizer, Echtzeitanimation auf beliebig definierbaren Pfaden, professionelle Video-Schnittstelle für MAZ, Texture Mapping (Das Aufziehen von Oberflächenmustern auf einen Körper) und einen sehr komfortablen Animations-Editor/Debugger. Bei Evans & Sutherland gab man sich bedeckter.

Das Modethema des Jahres ist Desktop-Publishing, fertige Lösungen sind allerdings rar. Der Begriff versucht das zu beschreiben, was die Redaktion der DATENSCHLEUDER seit Bestehen zur Produktion nutzt, nämlich die Textgestaltung auf dem Microcomputer sowie die Ausgabe auf Laserdrucker oder Fotosatzbelichter.

Witzige Zugangssicherungen haben sich einige Anbieter von Sicherheitssystemen ausgedacht: Berechtigungsnachweis durch Fingerabdruck. Zusätzlich kann auf Kundenwunsch die Fingertemperatur, der Puls des Probanden, und die Finger- Leitfähigkeit gemessen werden, Das System funktioniert auch noch mit einer leichten Verletzung des Fingers, da nur etwa fünfzig von hundert Bildpunkten übereinstimmen müssen. Es können darüberhinaus beliebig viele Reservefinger definiert werden. Ob dieses System auch ein Frischgekochtes Abbild aus verdicktem Himbeer/Vanille- Pudding akzeptiert, konnte bisher nicht geklärt werden, da dem betreffenden Redakteur der Pudding mißlang.

Wie bei jeder CeBIT fand auch diesmal das Traditionelle Hackertreffen am Dienstag auf dem größten Poststand statt. Es kamen aber hundert Hacker, von denen ich wegen Verspätung nur noch etwa zwanzig zu Gesicht bekam, um Informationen, Ideen und Grüße auszutauschen. Von Bayern bis Schleswig-Holstein waren die Hacker nach Hangover gepilgert. Es wurden Gespräche begonnen, die des Abends in einer wohlgestalteten Kneipe vertieft oder verflacht wurden.

Das Treffen hat gezeigt, daß viele Hacker zusammen mit ihren Maschinen älter und professioneller geworden sind, d.h. in die Industrie Eingetreten sind, und der Nachwuchs dünner gesät ist, als zu Beginn der hiesigen Hackerkultur. Die Computerwelt hat ein wenig von Mythos und Faszination aus der Pionierzeit eingebüßt. Das Chaos hat Punkte an die Sachzwänze abgegeben.

 

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