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BILDSCHIRMTEXT in Ausblick

MOZART-ARCHIV IM TURM:

BTX gehört zu den sogenannten Neuen Medien und ist ein schmalbandiges Text- und Graphikinformationsssystem, das über Telefonleitungen geführt wird. Die Teilnehmer, da sind sowohl Nutzer und Anbieter, können Informationen aus einer Datenbank abrufen als auch Informationen eingeben. Diese Informationen sind entweder beliebige Bestellvorgänge oder Homebanking (z.B. Verbraucherbank). Die Anbieter geben die eigentlichen Beiträge ein, die in den meisten Fällen allen Teilnehmern gleichermaßen zugänglich sind. Dieses erfolgte seit 1978 in der BRD in Rahmen eines sogenannten nichtöffentlichen technischen Vorversuchs, bei den unser Haus bereits teilnahm. Ab 1980 wurden die bekannten Feldversuche in Berlin und Düsseldorf gestartet, die im Prinzip sich bis heute überliefert haben.

Zwar soll seit 1. 7. ein sogenannter BTX-Dienst arbeiten, doch daran ist auch aus juristischen Gründen nicht zu denken. Die Deutsche Bundespost hatte versucht,mit anderen Postverwaltungen in Europa einen einheitlichen Standard, den sogenannten "CEPT" zu entwickeln, das muß nach Lage der Dinge als gescheitert angesehen werden. Man muß wiesen, daß es derzeit in Europa alles andere als einheitlich zugeht, die Engländer behalten ihren PRESTEL, über den übrigens der wesentliche Teil des derzeitigen Bildschirmtextes läuft. Frankreich bleibt bei Antiope und die anderen europäischen Länder führen, wegen allgemeiner Geldknappheit sieht das schlecht aus, den ursprünglich geplanten CEPT ein. Der Standard ist allerdings sehr komplex, da in sogenannten Leveln die Darstellungsformen festgelegt sind, so sind die Ebenen CO - C3 insgesamt die sogenannte Obermenge CEPT.

Die Deutsche Bundespost hatte, um zur Berliner Funkausstellung 1983 den neuen Standard überhaupt praktisch vorführen zu können, der Fa. LOEWE OPTA in »Blankovertrauen« für deren Geräte die sogenannte FTZ-Nummer als allgemeine Betriebserlaubnis erteilt. Die Funkausstellung ging als großes BTXDesaster in die Annalen der Geschichte dieses Mediums ein. Die Fa. IBM sollte zu diesem Zeitpunkt die neue Zentralentechnik an die Post abliefern, daraus wurde nichts, und so mußte das BPM beim hochangesehenen Computerunternehmen GEC in Großbritannien »den Gang nach Canossa« antreten. Wie man später erfuhr, flehte die Deutsche Bundespost die Engländer förmlich an, hier auszuhelfen. Das bekannte Unternehmen, Btx-Berlin und Btx-Düsseldorf arbeiten seit über 4 Jahren mit der Technik dieser Firma (in Berlin fiel der Btx in Jahre 1982 nur in 0,28% der Betriebszeit aus), hatte den Auftrag für den Btx Österreich und konnte mit ausdrücklicher Genehmigung der Österreicher die Software bereitstellen, DIE BIS HEUTE TADELLOS ARBEITET.

Am 1. Juli wurde dann offiziell die neue IBM-Technik eingeschaltet, mit den Ziel, bis zum 30.9.84 den betriebssicheren PRESTEL abzuschalten. Allerdings ist das neue System mit wenig Fortüne ausgestattet, so sind beim derzeit noch kaum belasteten Rechner die Ausfallzeiten weit über 301. Die Deutsche Bundespost mußte zu ihren Leidwesen eine flächendeckende Btx-Versorgung bis Ende 84 mit einem Versorgungsgrad von 80% aller Ortsnetze »zu den Akten legen«, die notwendigen B-Rechner (das sind kleinere Peripherierechner) aufgeben, nachdem wir den Test B-Rechner Mannheim mit unserer besonderen Belastungsroutine innerhalb von 3 Minuten »abstürzen ließen« (»Abstürzen« heißt auf wohl poliertes Deutsch schlicht »ausgefallen«).

Die derzeitige Situation ist gekennzeichnet von einer wahren Nervosität, die Post rüstet für »vergebliche Liebesmüh« die Feldversuchsteilnehmer auf den neuen Standard um, der übrigens nicht mehr CEPT heißt, sondern nur noch »Btx« (das kommt daher, daß Deutschland nur den niedrigsten Standard vom ganzen CEPT nimmt) und dieser gilt international als »Btx«.

Unser Haus ist mit dieser Entwicklung nicht ganz glücklich, derzeit beschäftigt sich das Verwaltungsgericht Darmstadt mit dem Btx, den die Post will, aber von den Teilnehmern nahezu keiner. Der neue Standard, der von Zentralrechner Ulm versorgt wird, hat schon einen Spottnamen, der »Zappel-Cept« heißt, wegen des ruckartigen Bildaufbaues.

Auch mit den Datenschutz scheint das bundesdeutsche »Post-hörnchen« Probleme zu haben. So ist es kein Problem, anderen Teilnehmern nach Belieben in der Mailbox »herumzumischen«, auch hat man es bei Postens als überflüssig angesehen, das sogenannte Eingabesystem mit einem PASSWORT zu schützen, bei PRESTEL ein ganz normaler Zustand. So kann bei möglichen entgeltpflichtigen Seiten ein Betrag bis 9,99 DM von Anbieter bestimmt werden, die muß er auch haben, vor allem, wenn er (externer) Rechnerbetreiber ist. Die Post schließt diese nur per DATEX-P an das das »Ulmer Muttertier« an und weiß heute schon, daß die »Quelle's«, die »Neckermänner's« oder »Ottos» pro Monat, dank byteintensiver Datenübertragung mehrere hunderttausend Märker jeweils den Postsäckel zuführen werden. Eine bereits angekündigte Gebührenerhöhung bei DATEX-P läßt dem Bundespostminister die »reelle Chance«, das Kupferkabel mit FEINGOLDDOUBLE der »Erde anzuvertrauen«. Die ganz große Freude ist schon beim Btx vorausprogrammiert. Alle bisherigen BTX-Geräte in "ZappelCEPT" sind VERALTET; sie können nämlich bestimmte Protokollroutinen nicht, wie sie bei den großen Datenbanknetzen allgemein üblich sind.

Ab 1985 kommt der amerikanische Standard NAPLPS nach Europa, aus den Weltenraum, zuerst in Form von FERNSEH-TEXT, via Satellit COROBET und dann von Mozart-Turm. Wir sind gerade dabei, dem Btx etwas mehr »Saft« zu verleihen. Der heiße Btx-Herbst ist schon vorprogrammiert; wenn ab 1. Oktober sich alle in Ulm versammelt haben, wird man viel Zeit mitbringen müssen, bis zu 2 Minuten pro Seite beim Aufbau.

Bastian Restpost

(Nachbemerkung: Wer sich derzeit, z.B. in Kaufhäusern, Btx anschaut, wird meist die Übergangsversion sehen; die ist nicht so langsam wie YoYo. Nur wo die Meldung SH291 BITTE WARTEN auftaucht, ist YoYo dabei. Und solange die öffentlichen Btx-Terminals nicht mit YoYo arbeiten, glaubt die DBP selber nicht ans Funktionieren mit IBM-Technik. (Red. DS, 8.8.84.)



 

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